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Weltweit einzigartig

Neue Technik geht nach Testphase in der Düttlinger Trinkwasseraufbereitungsanlage in Betrieb – Granulat saugt Blei wie ein Schamm auf

Mechernich – Das Düttlinger Verfahren ist innovativ und besitzt weltweit Pionierstatus. „Für die Adsorption von Blei ist es tatsächlich die erste, die nun in Betrieb ist. Es gibt definitiv keine andere“, berichtet Ingenieur Wilfried Claesgens, vom gleichnamigen Planungsbüro aus Gemünd, der gemeinsam mit Jörg Nußbaum von den Stadtwerken Mechernich zu Recht stolz auf das Erreichte ist.

Nach einer monatelangen Testphase mit einem Pilotfilter, der parallel betrieben wurde, und unzähligen Proben und Kontrollen ist die neue Technik in der Trinkwasser-Aufbereitungs-Anlage Düttling jetzt im Dauerbetrieb. Die Ergebnisse hatten gezeigt, dass die Düttlinger Anlage mit dem neuen Verfahren prozessstabil funktioniert. Das eingesetzte granulierte Eisenhydroxid saugt das endogen vorhandene Blei im Trinkwasser wie ein Schwamm auf.

Die beiden Ingenieure Wilfried Claesgens (vorne) und Jörg Nußbaum vor den beiden Filterkesseln, in denen das Granulat eingefüllt wurde. Das Düttlinger Verfahren ist weltweit einzigartig. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

„Das Trinkwasser, was die Anlage Düttling verlässt, ist bleifrei“, freut sich Claesgens. Im Mai 2020 und bei weiteren Überprüfungen waren minimal erhöhte Bleiwerte im hunderttausendstel Gramm pro Liter Wasser bei Überprüfungen in und ausgangs der Anlage festgestellt worden. Säuglingen unter zwei Jahren sollten daher vorsorglich kein Wasser aus dem Netz mehr erhalten, rieten die Stadtwerke in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt deshalb der Bevölkerung im betroffenen Gebiet im Westen der Stadt Mechernich sowie Düttling und Hergarten. Für Erwachsene blieben die Werte stets jedoch unbedenklich und weit unter dem gesetzlich geforderten Grenzwert.

Bis zum heutigen Erfolg war jedoch ein längerer Weg nötig. Claesgens Büro hatte vorab in Rheinland-Pfalz diverse Anlagen erforscht, in denen man die leichtflüchtigen Schwermetalle Arsen und Vanadium aus dem dortigen Trinkwasser bekommen musste. Blei sei allerdings deutlich schwerer zu absorbieren und damit eine deutlich größere Herausforderung, berichtet Claesgens. Man berechnete, tüftelte, testete wie im Forschungslabor und erhielt das erhoffte Ergebnis: Ja, das Granulat schafft es sogar, Blei herauszuziehen. Mit den Ergebnissen im Rücken konnten die Stadtwerke Mechernichs inzwischen sogar ein Zertifizierungsverfahren beim Umweltbundesamt einläuten. Eine allgemeine Trinkwasserzulassung hat das Material in Deutschland bereits.

1.600 Liter Granulat

Mittlerweile wurden in zwei der insgesamt fünf Filterkessel das Material eingefüllt. Nicht grammweise, wie der Ingenieur erläutert, sondern quasi säckeweise: „Der ganze Kessel ist voll damit. Unten befindet sich ein Filterboden, darüber eine Kies-Sand-Schicht, darüber das Granulat 1,60 Meter hoch eingefüllt. Insgesamt sind 1.600 Liter Granulat drin.“

Aber das eingefüllte Granulat wird irgendwann durch neues ersetzt werden müssen, nämlich dann, wenn es vollgesogen mit Blei ist. Aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen gilt: je später, je besser. Das Material ist teuer und muss bleigefüllt gesondert entsorgt werden. Deshalb werde weiter getestet, die drei anderen Filter mit ihrer Entsäuerungstechnik als zusätzliche Stufe vorzulagern, um das Eisenhydroxid zu schonen und das innovative Verfahren noch zu verfeinern. „Dann wäre der Absorber sozusagen der Polizist im Ablauf, der dann die letzten Blei-Anteile rausholt“, erklärt Claesgens.

Schon der Pilotfilter hatte hervorragende Messergebnisse geliefert. Ihn hatte man über Monate parallel in der Wasseraufbereitungsanlage zu Test- und Prüfungszwecken in Düttling eingesetzt. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Trotz all der Anstrengungen wollen die Stadtwerke in Absprache mit dem Euskirchener Gesundheitsamt den Hinweis, dass Säuglinge bis zu zwei Jahren kein handelsübliches Wasser erhalten sollen, für das betroffene Gebiet rein vorsorglich weiter aufrechterhalten

Das gilt für: Eicks, Floisdorf, Berg, Voißel, Bescheid, Wielspütz, Bergbuir, Bleibuir, Glehn, Hostel, Lückerath, Schützendorf und Industriegebiet Strempt sowie Hergarten und Düttling.

Wilfried Claesgens (l.) und Jörg Nußbaum im „Unter-Tage“-Bereich der Trinkwasseraufbereitungsanlage, wo das Wasser durch ein verzweigtes Rohrleitungssystem geführt wird. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Denn, obwohl das Wasser aus Düttling erwiesenermaßen die Bleigrenzwerte am Ausgang des Wasserwerkes hervorragend einhält, konnten im Leitungsnetz und den Haushalten vereinzelt kurzzeitige leichte Bleiwertüberschreitungen gemessen werden. Warum das so ist, war Gegenstand umfangreicher Untersuchungen und unzähligen Spülungen des kilometerlangen Leitungssystems, die die Stadtwerke seit Sommer 2020 durchführten. 

Alte Verkrustungen

Die Ursache liegt demnach in Ablösungen alter Verkrustungen in den Rohren, durch die das Wasser bis zum Endverbraucher geleitet wird.  Nußbaum dazu: „Die Verkrustungen lassen sich im Trinkwassernetz und der Hausinstallation nicht vermeiden. Kleine Partikel lösen sich dann und wann und führen dann auch schon mal zu diesen punktuellen Überschreitungen.  Aufwendige Netz- und Leitungsspülungen konnten das bisher nicht verhindern.“ Dazugehörige Grenzwerte seien erst 1975 eingeführt worden und über die Jahre weiter gesenkt worden, zuletzt noch 2020. Das Trinkwasser werde von den Stadtwerken auch zukünftig weiter streng kontrolliert und gemeinsam mit dem Gesundheitsamt analysiert.

pp/Agentur ProfiPress