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„Tote Freunde, tote Väter, tote Brüder“

Pfarrer Erik Pühringer schlägt ungewohnte Töne in seiner Sonntagspredigt an Volkstrauertag an – Ortsvorsteher Günther Schulz macht deutlich, dass Kriegsgräberstätten geeignete Orte sind, um sich hautnah mit den grausamen Folgen von Kriegszeiten auseinanderzusetzen – Zusammen Opfern von Krieg und Gewalt gedacht

Mechernich – Er ist bekannt für klare Worte und politische Ansprachen am Volkstrauertag. Jedoch schlägt Pfarrer Erik Pühringer diesmal in der Sonntagsmesse in der Kirche St. Johannes Baptist ungewohnte, fast schon resignierte Töne an: „Tut mir leid, es hat sich nichts geändert und ich habe gemeint, es lohnt sich nicht, noch einmal das zu sagen, was eigentlich immer zu sagen wäre.“

Er ist bekannt für klare Worte und politische Ansprachen am Volkstrauertag. Jedoch schlägt Pfarrer Erik Pühringer diesmal in der Sonntagsmesse ungewohnte Töne an. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Was war los? Scheinbar kommen die Worte einer Kapitulation gleich. Leider gelinge ihm nicht mehr, wie er das gerne möchte, zu begeistern, anzustecken, zu bewegen, damit die Menschen entdeckten, dass sie ein wichtiges Teil der Kirche sind, dass sie mitwirken können, mitgestalten können. Er will wachrütteln und langsam beginnt dann doch auch ein politisches Statement durch zu blitzen.

„Mittelmeer ist kein Friedhof“

Auch, wenn es im Alltag untergehe, habe er im Getümmel der langen To-do-Liste zumindest am Vorabend geschafft, ein Plakat zu fertigzumachen, mit dem er eigentlich schon seit Wochen protestieren wollte. „Das Mittelmeer ist kein Friedhof“, ist darauf zu lesen.

Nach der Sonntagsmesse in der Kirche St. Johannes Baptist zog die Prozession zu Fuß zum Ehrenmal – vorne die Bergkapelle Mechernich unter der Leitung von Uli Poth. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Pühringer legt damit die Finger in die Wunden und macht erschreckende Dimensionen deutlich: Lege man die offiziellen Zahlen der im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtlinge zugrunde, wären die Einwohner Mechernichs – ausgenommen der im Kernort lebenden 6.000 Bürger – bereits im Mittelmeer ertrunken. Längst sei es höchste Zeit, aufzustehen gegen diese unhaltbaren Zustände. Volkstrauertag sei ein wunderbarer Tag sich genau die Dinge bewusst zu machen, die einen traurig stimmen, stellte er fest und forderte damit jeden einzelnen zum Nachdenken auf.

Der Opfer gedacht

Orstvorsteher Günther Schulz (vorne) rief dazu auf, sich mit Geschichte auseinanderzusetzen, um daraus zu lernen. Kriegsgräberstätten seien dafür ein geeigneter Ort, weil sie Schicksale und Folgen von Krieg und Gewaltherrschaft hautnah aufzeigten. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Bei der anschließenden Feierstunde am Mechernicher Ehrenmal an der Alten Kirche gedachte man der Opfer von Krieg und Gewalt. Mechernichs Ortsvorsteher Günther Schulz erinnert an Nachkriegszeiten: „Trotz Armut, Not und Elend, trotz Trauer, um die vielen Toten, trotz Verlust der Heimat, waren die Menschen froh, dass endlich Frieden war.“ Nach zwei Weltkriegen hätte für immer Schluss sein müssen – trotzdem gebe es heute immer noch Kriege auf der Welt.

Der Männergesangverein um Walter Wolfgarten sangen „Tebje pojem“. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Er ruft auf, sich, obwohl Ereignisse lange zurückliegen, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen – am besten hautnah. Kriegsgräberstätten seien dafür ein geeigneter Ort, weil sie einzelne, berührende Schicksale aufzeigten. „Tote Freunde, tote Väter, tote Brüder“, zählt Schulz auf.

950.000 Kriegstote geborgen

Im Auftrag der Deutschen Bundesregierung habe der Volksbund allein nach der Öffnung der Grenzen in Mittel-, Ost- und Südosteuropa rund 950.000 Kriegstote geborgen und endgültig bestattet. Schulz: „Ein großer Teil konnte von ihnen identifiziert werden. Seitdem gibt es für viele einen Namen, ein Gesicht, eine letzte Ruhestätte – endlich.“

Oberstleutnant Lars Rauhut, der Standortälteste in der Bundeswehr-Garnison Mechernich, legte im Beisein von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick einen Kranz am Ehrenmal nieder, um der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Oberstleutnant Lars Rauhut, der Standortälteste in der Bundeswehr-Garnison Mechernich, legt im Beisein von Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick einen Kranz am Ehrenmal nieder. Fahnenabordnungen stellen Freiwillige Feuerwehr, Festausschuss Mechernicher Karneval, Karnevalsclub „De Bleifööss“, Prinzengarde, Barbarabruderschaft, Berg- und Hüttenleute.

Fahnenabordnungen stellten Rotes Kreuz, Freiwillige Feuerwehr, Festausschuss Mechernicher Karneval, Karnevalsclub „De Bleifööss“, Prinzengarde, Barbarabruderschaft, Berg- und Hüttenleute. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Das Rote Kreuz bot für ältere und gehbehinderte Menschen einen Fahrdienst zwischen Johanneshaus und Ehrenmal und zurück. Musikalisch verschönerten die Bergkapelle Mechernich unter der Leitung von Uli Poth und der Männergesangverein um Walter Wolfgarten die Feierlichkeiten zum Volkstrauertag. Die meisten Teilnehmer der Feierstunde besuchen anschließend auch noch den Adventsbasar im Johanneshaus am Kirchplatz.

pp/Agentur ProfiPress