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Skurriles im Sonderangebot

Bestseller-Autor Bastian Sick überzeugte bei seiner Lit.Eifel-Lesung im Kaller Berufskolleg – Grußredner waren auf der Hut: Angst vor dem „Kaller Knaller“

Die Besucher der Kaller Lit.Eifel-Lesung konnten sogar schon das neueste Buch aus der Sick'schen Happy-Aua-Kultreihe („Wir braten Sie gern!") vor Veröffentlichung erwerben und vom Autor höchstpersönlich signieren lassen. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Kall – Überaus unterhaltsam führte Bastian Sick in seiner Lit.Eifel-Lesung durch die Ver(w)irrungen der deutschen Sprache.  Der Bestseller-Autor („Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod“), prominenter Mitwirkender beim neuen Eifeler Literaturfestival, erzählte von langen Lindwurmwörtern, kuriosen Fehlern und grammatischen Kapriolen. Die rund 100 Zuhörer in der Aula des Kaller Berufskolleg amüsierten sich prächtig.

Der Journalist, der über viele Jahre die „Zwiebelfisch“-Kolumne des Spiegels verfasst hatte, kannte kein Pardon: Schonungslos offenbarte Sick die Fehler anderer. Karl Vermöhlen, dem stellvertretenden Kaller Bürgermeister, schwante schon vor seinem Grußwort Böses:  „Von besonderen Schnitzern von Schreibern und Vortragenden lebt unser heutiger Gast. Da muss man sich als Grußredner schon richtig anstrengen. Sonst ist man in seinem nächsten Buch mit einem besonderen Kaller Knaller verewigt.“ Aus Angst vor einem solchen Fauxpas habe ihn Bürgermeister Herbert Radermacher wohl gebeten, ihn bei Bastian Sick zu vertreten, mutmaßte der Ersatzmann.

„Die Sprache steckt voller Ungereimtheiten, gerade das macht sie so verführerisch“, sagte der selbsternannte Verfechter des Genitivs. Wer nicht aufpasst, tapst ganz schnell in die Falle. Selbst „richtigen“ Profis – wie den Zeitungsredakteuren – unterlaufen zuweilen Fehler in den Bezügen, bemerkt Sick. So prangerte er auf der Leinwand die nicht ganz unfallfreien Polizeimeldungen an, nach denen nicht der Fahrer, sondern sein Auto in eine Klinik eingewiesen wurde.

Zum „Weltmeister“ kürte Sick die Deutschen fürs Wörterverbinden. Lange und immer länger wurden die Buchstabenkombinationen, die er auf die Leinwand projizierte. Rekordverdächtige „Hits“ entdeckte er bei den Juristen: „„Rinderkennzeichnungs- und Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz“. Die Ironie dabei: „Es gibt sogar eine Abkürzung: RkReÜAÜG.“ Sein persönlicher Lieblingslindwurm komme dagegen nur auf 55 Buchstaben: die „Frauenfußballweltmeisterschaftsendrundenteilnehmerinnen“.

Kurioses präsentierte Sick aus der täglichen Warenwelt. Hier scheitere es bereits an der richtigen Rechtschreibung. So waren das „Fleischige Lieschen“, die „Nazizen“, das „Steifmütterchen“ oder das „Vergesma nicht“ wahre „Brüller“ für das Publikum – oft ist eine Prise Schadenfreude nicht von der Hand zu weisen.  „Das sind alles Fundstücke aus dem wahren Leben“, versicherte Sick dem Auditorium. Vor allem Supermärkte seien eine wahre Schatzgrube für solche Fundstücke. Da werde aus der Anti-Aging-Creme schnell die „Haut strafende Pflegelotion“. Aber auch die Speisekarten so mancher Restaurantbetreiber bremsten die Hungrigen aus, denn frische „Kostproben“ entpuppten sich auf so manchem  Speiseplan als nicht wirklich lecker: „gewürgte Sojasoße“, „belecktes Brötchen“ oder „Omas frische Leber“. Für solche Fundstücke zählt Sick auf eine treue Fangemeinde, die ihm ohne Unterlass die Verfehlungen deutscher Sprachkultur zuschicken.

Seine pralle Sammlung zur These „Der liebe Gott muss von Frankreich in die USA übergesiedelt sein“, regte als Zugabe nicht nur zum Schmunzeln an, sondern rüttelte auch wach. Denn durch „eingebürgerte“ Anglizismen werde aus einem romantischen Rendezvous ein schlichtes Date, ein elegantes Pardon verkomme zum schnodderigen Sorry.

 

Interview

„Wie beim Karneval“

Nach seiner Lit.Eifel-Lesung im Kaller Berufskolleg sprach Kirsten Röder für die Agentur ProfiPress mit  Bestseller-Autor Bastian Sick über die Eifel, seine Sprachpassion und eine elektrische Schreibmaschine.

Waren Sie mit einer Lesung schon mal in der Eifel?

Nein, das war meine Premiere und es hat Spaß gemacht. Das Publikum war großartig, Manchmal trauen sich die Leute gar nicht zu lachen, das Publikum hier hat gelacht wie beim Karneval. Das unterscheidet die Eifel von vielen anderen Regionen.

Kennen Sie alle grammatischen Regeln?

Ich selbst beherrsche nicht alle Feinheiten. Meine Bücher haben viel mit sprachwissenschaftlicher Arbeit zu tun, und journalistische Recherche gehört auch dazu. Für eine Lesung muss man es für das Publikum in unterhaltsame Geschichten gießen können. Zuletzt darf auch eine gewisse Dramaturgie nicht fehlen, das musste ich auch erst lernen.

Sie decken Fehler erbarmungslos auf?

Mir geht es nicht darum, andere lächerlich zu machen, ich erwarte einfach einen professionellen Umgang mit der Sprache. Wenn das Ergebnis meiner Veranstaltung ist, dass ich die Sinne für die Sprache geschärft habe, dann habe ich – glaube ich  – viel erreicht. Die Herausforderung ist es, den „Fehler“ so zu präsentieren, dass sich die Menschen nicht auf den Schlips getreten fühlen.

Haben die grammatischen Feinheiten Sie immer fasziniert?

Wenn mich ein Silbenspiel anlacht, muss ich damit spielen. Für andere war es der Sport oder die Musik, für mich war es immer schon die Sprache. In jungen Jahren habe ich bereits Abenteuergeschichten und Theaterstücke geschrieben. Die Sprache ist mein Freund, dort fühle ich mich zu Hause. Zur Konfirmation wünschten sich Jungen normalerweise ein Mofa – ich habe mir eine elektrische Schreibmaschine gewünscht.

pp/Agentur ProfiPress