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Plädoyer für Weltoffenheit und Toleranz

Stilles Pogromgedenken in Kall – Bürgermeister legt Gesteck am Synagogengedenkstein nieder – Omas gegen rechts hatten die 23 Stolpersteine im Ort poliert

Kall – Vor zwei Jahren, zum 80. Jahrestag der Novemberpogrome in Deutschland, versprachen Kalls Bürgermeister Hermann-Josef Esser und die Politik geschlossen, dass man nun jedes Jahr am 9. November wieder öffentliche Gedenkveranstaltungen abhalten wolle. Wegen der Corona-Pandemie musste man von diesem Plan diesmal etwas abweichen. Dennoch fand ein stilles Gedenken statt.

Bürgermeister Hermann-Josef Esser (3.v.r.) legte ein Gesteck am Synagogen-Gedenkstein „Im Sträßchen“ nieder. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Hermann-Josef Esser mahnte in seiner Ansprache am Synagogen-Gedenkstein „Im Sträßchen“ darauf, dass es auch heute noch Angriffe gegen jüdische Menschen und Einrichtung gebe. Die meisten entstammten „eindeutig nationalistischen oder rechtsradikalen Kreisen innerhalb Deutschlands“, allen voran der Angriff auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019, den Esser als „jüngsten Tiefpunkt in einer endlosen Reihe von Anschlägen“ bezeichnet und dem seitdem acht weitere gemeldete antisemitische Angriffe in Deutschland folgten.

An den Stolpersteinen vor der VR-Bank Nordeifel erinnerte Ekkehard Fiebrich (kniend, l.) noch einmal an die Verlegung im August 2012. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Beim stillen Gedenken war Esser jedoch nicht alleine. Auch seine beiden frisch gewählten Stellvertreter Steffi Hübner und Stefan Kupp, der zugleich Ortsvorsteher ist, Wehrleiter Harald Heinen, Ekkehard Fiebrich als Vertreter des Arbeitskreises Stolpersteine sowie Luise Binger und Wolfram Königsfeld, die einen Hoffnungspsalm aus Israel vortrugen, kamen am Synagogengedenkstein gegenüber der VR-Bank Nordeifel zusammen, wo Esser ein Gesteck niederlegte. Die Omas gegen rechts hatten im Vorfeld die im Jahr 2012 verlegten 23 Stolpersteine poliert, Walli Forner verteilte am Nachmittag Blumen und Kerzen an diesen Stellen in Kall.

Luise Binger und Wolfram Königsfeld trugen einen Hoffnungspsalm aus Israel vor. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

In seiner Ansprache plädierte Bürgermeister Esser dafür, sich weiterhin für eine weltoffene und tolerante Gesellschaft einzusetzen. In Kall seien Verwaltung, Rat und er selbst, aber auch die Zivilgesellschaft gefordert. „Ich bin zuversichtlich, dass es uns weiter gelingen wird, positive Zeichen zu setzen“, sagte Esser. Hoffnung auf eine weltweite Abkehr von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und der Ausgrenzung von Minderheiten setzt Esser in die Wahl von Joe Biden als US-Präsident.

An jedem der 23 Stolpersteine legten die Omas gegen rechts Blumen nieder und zündeten an jedem Stolperstein-Standort eine Kerze an – so wie hier bei den fünf Stolpersteinen der Familien Katz und Roer vor der Kaller Geschäftsstelle der VR-Bank Nordeifel. Foto: Thomas Schmitz/pp/Agentur ProfiPress

Ekkehard Fiebrich erklärte noch einmal die Hintergründe der Stolpersteinverlegung in Kall. 2011 hatte sich der Arbeitskreis gegründet. Wichtig war den Mitstreitern stets die Billigung auch von jüdischer Seite. „Die jüdische Gemeinschaft war dafür. Auch das Einverständnis der jeweiligen Grundstückseigentümer und der Hausbewohner haben wir eingeholt“, so Fiebrich. Die Recherche, wo Juden gelebt hatten, habe einst ein Jahr gedauert. „Alle Fakten mussten gesichert sein.“

Alle 23 Steine wurden am 31. August 2012 vom Künstler Gunter Demnig an den acht entsprechenden Standorten verlegt. „Die Bevölkerung und auch die Schulen haben das damals sehr mitgetragen“, sagt Fiebrich, der es nach wie vor für sehr wertvoll erachtet, dass junge Menschen dieses Gedenken ebenfalls aufrechterhalten.

pp/Agentur ProfiPress