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Pillen und Tipps für den Super-GAU

Kreis Euskirchen liefert kostenlose Jodtabletten für unter 45-Jährige an Mechernicher Apotheken – Katastrophenschutz will informieren, wenn das grenznahe Atomkraftwerk Tihange hochgeht – Wichtige Internetadresse für die Zukunft am Bleiberg: www.jodtabletten.kreis-euskirchen.de

Mechernich – Auch Mechernich liegt im mutmaßlichen Einfallfenster einer radioaktiven Wolke, die beim GAU oder gar Super-GAU (GAU = Größter anzunehmender Unfall) des grenznahen belgischen Atomkraftwerks Tihange bei Lüttich entstehen würde und bei vorherrschendem Westwind wenig später am Bleiberg einträfe.

In dem Kraftwerk – die Medien der vergangenen Monate waren voll davon – kommt es immer wieder zu Pannen und Störfällen. Ein hoher Euskirchener Rettungsdienstverantwortlicher sagte unlängst in einer kleinen Runde: „Es ist nicht die Frage, ob Tihange hochgeht, sondern wann . . .“

Sie haben das Onlineverfahren vorgestellt, mit dem ab 1. September die Bezugsscheine für Jodtabletten bestellt werden können (von links): Franz-Josef Dahlmanns, Dr. Markus Kremer, Gregor Jansen und Peter Kaptain. Foto: Nadine Jungblut/Stadt Aachen/pp/Agentur ProfiPress

Wer sich gegen radioaktiven Niederschlag aus Belgien wappnen möchte, kann sich ab 1. September und bis 30. November unter bestimmten Voraussetzungen kostenlos mit Jodtabletten versorgen. In der Stadt Mechernich sind die Apotheken die Abgabestellen. Das genaue Prozedere und die Abgabevoraussetzungen sind im Internet unter www.jodtabletten.kreis-euskirchen.de zu finden. Dort kann man auch die Bezugsscheine für Kaliumiodidtabletten, die so genannten „Jodtabletten“, beantragen.

Die Jodtabletten sollen übrigens in einem exakten Zeitfenster etwa eine Stunde vor Eintreffen der radioaktiven Wolke eingenommen werden. Inwieweit den Menschen in der Stadt Mechernich überhaupt eine Stunde Vorwarnzeit bliebe, ist allerdings unklar. Auch die Benachrichtigung der Bevölkerung ist nicht einfach.

Pillen sind nicht ungefährlich

Über 45Jährige sollten die Tabletten nicht einnehmen, weil bei ihnen das Risiko einer zu starken Herz-Kreislauf-Belastung bis hin zum Herzinfarkt besteht. Schilddrüsenkrebs – und nur gegen den können die Jodtabletten vorbeugen – entsteht erst 20 Jahre nach einer radioaktiven Verseuchung. Wer schon über 45 ist und sich trotzdem gegen radioaktiv ausgelösten Schilddrüsenkrebs schützen möchte, kann sich die Jodtabletten aber auf eigene Kosten besorgen.

Dr. Markus Kremer, Sprecher der Koordinierungsgruppe für die Vorverteilung der Jodtabletten in der Region Aachen, zeigt einen der Jodtabletten-Blister. Foto: Nadine Jungblut/Stadt Aachen/pp/Agentur ProfiPress

Kostenfrei bezugsberechtigt sind unter 45jährige sowie Schwangere und Stillende unabhängig von ihrem Alter. Im Internet bestellen soll der jeweilige Haushaltsvorstand seinen Bezugsschein für alle Familienangehörigen und dann in einer der teilnehmenden Apotheken seiner Wahl einlösen. Dort erhält er auch die entsprechenden Tablettenblister sowie einen Informationsflyer und einen Beipackzettel.

Die Aktion läuft insgesamt drei Monate, also bis zum 30. November. Anträge auf Bezugsscheine können allerdings nur bis zum 15. November gestellt werden. Bezugsscheine können seit dem 1. September beantragt werden.

Ein Infoblatt zeigt auf, wie und wo man in der Region die Jodtabletten beziehen kann. Foto: Nadine Jungblut/Stadt Aachen/pp/Agentur ProfiPress

In einer der Stadt Mechernich vom Kreis zugestellten Pressemitteilung heißt es: „Die Einnahme von Jodtabletten »sättigt« die Schilddrüse mit nicht radioaktivem Jod und verhindert nach einem Atomunfall so die Aufnahme von radioaktivem Jod; Schilddrüsenkrebs soll so verhindert werden.“

Nach der Strahlenschutzkommission des Bundes dürften die Jodtabletten aber nur nach entsprechender Aufforderung nach einem atomaren Unfall eingenommen werden. Eine nicht zeitentsprechende Einnahme sei nutzlos und sogar schädlich.

Einnahme erst nach Aufforderung

Auch für Menschen, die älter als 45 sind, so die Kommission, sei das Risiko durch die Nebenwirkungen der Jodtabletten größer als das Risiko einer zukünftigen Schilddrüsenkrebserkrankung: „Wichtig also: Die Jodtabletten dürfen nicht vorsorglich sondern nur nach entsprechender Aufforderung der Katastrophenschutzbehörde eingenommen werden!“

Ergänzend zu der nun beginnenden Vorverteilung der Jodtabletten gibt es seit dem Frühjahr eine Informationsbroschüre. In der Broschüre „Information für die Bevölkerung in der Umgebung der Kernkraftwerkes Tihange (B)“ wird erklärt, wie die Katastrophenschutzbehörden im Ernstfall für eine Information der Bevölkerung sorgen wollen und welche Verhaltensregeln empfohlen werden.

Und so sehen die Blister mit den Jodtabletten aus. Foto: Nadine Jungblut/Stadt Aachen/pp/Agentur ProfiPress

Viele wissenswerte Aspekte zum Katastrophenschutz sind in der Broschüre zusammengefasst. Fragen wie „Was kann passieren?“ oder „Wie wirkt Radioaktivität?“ werden beantwortet und auch die so genannte „Ines-Skala“ zur Bewertung der Stärke von nuklearen und radiologischen Ereignissen wird erläutert.

Die von der Koordinierungsgruppe herausgegebene gemeinsame Broschüre „Information für die Bevölkerung in der Umgebung des Kernkraftwerkes Tihange (B)“ kann über die Homepages der beteiligten Kreise aufgerufen und herunter geladen werden.

pp/Agentur ProfiPress