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Ihr schönster Platz war „Auf Rodder“

Zum 30. Todestag von Toni Steingass und zweiten Todestag von Helmut Steingass – 419 Lieder auf Kölsch und Hochdeutsch gingen zum Teil um die Welt: „Ich hab den Vater Rhein in seinem Bett gesehn“, „De Hauptsaach es, et Hätz es joot“, „Rievkoochebuud“, „Der schönste Platz ist immer an der Theke“ – In Köln wurde ein Park, in Kommern eine Straße nach Toni Steingass benannt – Miterfinder des Eickser Burgfestes

Mechernich-Kommern – Sein schönster Platz war nicht unbedingt die Theke, sondern nach eigenem Bekunden „Auf Rodder“ am Hang des Kommerner Kahlenbuschs. Dort hatten Toni Steingass, seine Frau Anni und Sohn Helmut („Heli“) lange ein Ferienhaus und später ihr endgültiges Domizil. Auf dem Rückweg vom Einkaufen im Ort starb Toni Steingass dort am 29. Oktober 1987 – am Sonntag vor 30 Jahren.

Vor einem Jahr, ebenfalls im Oktober, starb Helmut Steingass. Seine Witwe Ursula Steingass erinnerte jetzt im Gespräch mit der für die Stadt Mechernich tätigen Agentur ProfiPress an das Kölner Vater-Sohn-Gesangsduo „Die Steingässer“ und den bekannten Komponisten und Karnevalisten („Steingass-Terzett“) Toni Steingass, nach dem in Kommern dank der Ratsherrn Dr. Dieter Pesch und Johannes Ley eine Straße und in Köln-Nippes der frühere Nordpark benannt und mit eigenem Denkmal geschmückt ist.

Ursula Steingass am schmiedeeisernen Schriftzug „Auf Rodder“ am Kommerner Kahlenbusch, der an den wohl berühmtesten Hit ihres Schwiegervaters Toni Steingass erinnert. „Der schönste Platz ist immer an der Theke“ ging um die Welt und wurde sogar ins Japanische übersetzt. Der schönste Platz der Kölner Steingässer hingegen war Kommern. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

„Auf seinem von Herbert Labusga geschaffenen Grabstein auf dem Kölner Melaten-Friedhof wurde ein Spruch von Onkel Edi Theissner eingemeißelt, so Uschi Steingass: „Der heißt »Es bleiben uns ja seine Lieder/ Sie pflanzen seinen Namen fort/ Man wird sie singen immer wieder/ Land auf – Land ab – an jedem Ort.“

Seine Lieder sind Kölner Evergreens geworden, der wohl bekannteste Steingass-Song „Der schönste Platz ist immer an der Theke“ prangt in abgekürzter Form, also ohne Theke, in schmiedeeisernem Schriftzug an der Außenfassade der Steingut-Villa am Kahlenbusch.

„Kölsch Hännesje“ und „Mömm Eßel op dä Drachenfels“

Andere im Kölner Fasteleer großgewordene Steingass-Lieder waren unter anderem „De Hauptsaach es, et Hätz es joot“, „Et Leed von de Rievkoochebuud“, „Ich hab den Vater Rhein in seinem Bett gesehn“, „Ne kölschen Explezeer“, das „Kölsch Hännesjeleed“, „Hurra Hurra, der liebe Jung is wieder da“,  „Leckerchen, Zückerchen“, „Wenn ich nur nicht so verfressen wär“, „Mer rigge mit däm Essel op d´r Drachenfels“ oder auch „Komm in die Eifel“.

„Er war ein wunderbarer Mensch, mein Schwiegervater“, strahlt Ursula Steingass, die gleichwohl auch ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes Helmut noch sehr viel weinen muss. „Ich vermisse ihn sehr“, berichtet die Witwe. Sie will Kommern nicht verlassen und so lange wie es nur irgend geht an dem Ort bleiben, den die Steingässer so sehr geliebt haben und in dem Haus, das bis unters Dach mit Erinnerungsstücken gefüllt ist.

Zum Beispiel mit dem Flügel, an dem Toni und Heli spielten und komponierten. Bevor Helmut mit seinem Vater die Bühne betrat, wirkte er als gelernter Fotograf bereits im Musikverlag und bei der Produktion und dem Layout von Plattencovern mit. Ursula Steingass: „Außerdem hat Helmut viele Prominente und Karnevalisten portraitiert und Industriefotografie für die Shell-AG gemacht“.

Ursula oder „Uschi“, die Witwe des im Oktober 2016 verstorbenen Helmut Steingass, mit Konterfeis ihres Mannes und ihres Schwiegervaters. Foto: Manfred Lang/pp/Agentur ProfiPress

Das Geburtshaus von Toni Steingass befand sich in der Nähe des Friesenplatzes. Schon früh war er geprägt durch das musikalische Erbe der Familie. 1946 gründete er zusammen mit Franz-Josef Schmitz und Bernd Sperl das Steingass-Terzett und trat bei vielen karnevalistischen Sitzungen und Vorstellungen auf.

Später kam als dritter Mann Heinz Oepen dazu und zum Schluss bis zur Auflösung des Terzetts Johann Kasper Virnich („Käp“). Ab 1972, bis zu seinem Tod, trat er bei Auftritten zusammen mit seinem Sohn Helmut „Heli“ Steingass unter dem Namen „Die Steingässer, die Lebenskünstler aus Köln“ auf.

Beim WDR und der Deutschen Welle war er als Moderator tätig und präsentierte vorwiegend kölsche Lieder. Den „Toni Steingass Musikverlag“ gibt es heute noch, er wurde von seinem Sohn bis zu dessen Tod 2016 geführt.

Ingeborg Nitt schreibt im aktuellen Magazin „Klaaf“ der Akademie för ons kölsche Sprooch“: „Toni Steingass wurde am 13. April 1921 ganz in der Nähe des heutigen Mediaparks geboren, wo damals noch der Güterbahnhof Gereon lag, nämlich in der Erftstraße 3. Er entstammte einer musikbegeisterten Familie. Da sein Vater ein Klaviergeschäft besaß, erhielt Toni früh Pianounterricht und führte bereits als Junge den Kunden im väterlichen Geschäft die Instrumente vor. Außerdem brachte er sich selbst das Akkordeonspiel bei.“

Nachdem er das Realgymnasium absolviert hatte, besuchte „Steinjasse Tünn“ eine kaufmännische Berufsschule. Nach dem Krieg trat er als Alleinunterhalter auf, der Beginn seiner Karriere. Nitt: „Im Sommer musizierte Toni Steingass auf Borkum, in der übrigen Zeit spielte er in Kölner Kneipen, musste aber bald feststellen, dass ein einzelner Musiker in größeren Sälen verloren war. Daher gründete er das Steingass-Terzett, mit dem er über ein Vierteljahrhundert lang große Erfolge feierte.“

Grundsätzlich nicht unterhalb der Gürtellinie

Im Lauf der Jahre komponierte Toni Steingass 419 Lieder, sowohl kölsche als auch hochdeutsche. Viele wurden zu kölschen Volksliedern, ja sogar zu überregionalen Schlagern und sind bis heute populär. Sein 100. Werk wurde im Jahr 1950 sein erster großer Hit, so Ingeborg Nitt: „Der schönste Platz ist immer an der Theke“.

Die Musikverlage der damaligen Zeit lehnten eine Veröffentlichung ab. Also gründeten Toni Steingass und seine Frau Anni kurzerhand einen eigenen Verlag, den Toni-Steingass-Musikverlag, und schufen sich damit ein zweites Standbein. Das Lied ging um die Welt und wurde in mehrere Sprachen übersetzt, sogar ins Japanische.

Die Texte von Toni Steingass waren von Humor und Lebensfreude geprägt, schreibt Ingeborg Nitt: „Selbst seine ironischen Couplets waren nie boshaft. Er scheute sich auch nicht, »Unsinn-Lieder« wie den »Quatsch-Walzer« zu schreiben. Unter die Gürtellinie zielte er jedoch nie. Dies brachte ihm den Spitznamen »Pastur vun Neppes« ein.“

Der Eickser Bernd Claßen machte den Notensatz für dieses vom Heli-Steingass-Werbestudio entworfene Buch mit 76 Liedern und sechs Akkordeonstücken von Toni Steingass. Das Buch erschien 1999 im Toni-Steingass-Musikverlag Köln. Repro: Sarah Winter/pp/Agentur ProfiPress

1963 setzte der Künstler durch, dass die erste Langspielplatte mit kölschen Liedern erschien: „Su klingk et us Kölle“. Im Rundfunk war er bei mehreren Sendern zu hören. Im WDR moderierte Toni Steingass die Sendungen „So klingt’s bei uns im Rheinland“ und „Kölsche Leedcher – kölsche Verzällcher“. Außerdem schuf er für die Kindersendungen kleine kölsche Couplets. Auf RTL führte er mit Camillo Felgen musikalische Zwiegespräche und bei der Deutschen Welle begleitete Steingass die Hörer zehn Jahre zum „Karneval rund um die ganze Welt“.

Ein besonderes Anliegen waren ihm die musikalischen Nachmittage für Senioren, die er 15 Jahre am Tanzbrunnen veranstaltete. Zuletzt gelang es ihm noch, dem Weihnachtsmarkt auf dem Alter Markt eine besondere Note zu verleihen. Dreimal in der Woche luden er und sein Sohn „Heli“ zu einem kölschen Programm ein, bei dem nicht nur Profis, sondern auch Laien mitwirkten, und sogar Besucher spontan einen Beitrag leisten konnten.

Mitinitiator des Eickser Burgfestes

Seine Aktivitäten im Karneval sind ungezählt, und wenn er dann noch Zeit hatte, trat er bei Schiffstouren oder beim Burgfest in Eicks auf, bei dessen Gründung und Etablierung die „Steingässer“ dem Musikverein Sankt Martin und seinen Mitstreitern behilflich waren.

Seinen Kritikern, die es auch gab, antwortete Toni Steingass mit dem Lied „Ne Humoriss“: „Jo et jitt Metzjer et jitt Bäcker un Chauffeure/ et jitt och Kellner, et jitt Boore un Friseure./ Bei jedem süht mer wat hä arbeit, wat hä es,/ doch wat ben ich? Ich ben ne Humoriss./ Et jov kein Kaijass för dä Steinjass,/ wo mer liehrte./ Et jov kein Uni, wo ich dä Humor studierte./ Ich spillte Quetschkommod un wor e bessje kess,/ su wood ich wat ich ben, ne Humoriss.“

pp/Agentur ProfiPress