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Hoch und heilig

Kallmuther St. Georgsritt gehört zur Familienchronik der Lingscheids aus Gilsdorf – Enkelin liebt die Pferdeprozession wie ihr Großvater – Teilnahme im Kalender verankert wie Weihnachten, Ostern und Geburtstage – „Obligatorisches Foto“ in Kistchen gehortet

Kallmuth – Rosa bleibt cool, viel lieber beäugt die Stute freudig das Treiben um sie herum. Sie war das erste Pferd mit dem Ferdinand Lingscheid am St. Georgsritt teilnahm. Das Kaltblut wurde im Alltag als Arbeitspferd des Landwirtes im Wald eingesetzt. Das ist über 60 Jahre her. Bis heute ist der traditionelle Kallmuther Ritt am 1. Mai eng mit der Familienchronik der Familie Lingscheid verbunden. Altersbedingt hat der 85-Jährige die Stafette mittlerweile an seine Enkelin Vera Ahlbach weitergegeben, die auch in diesem Jahr mit Ross und Freunden mitziehen wird.

Nach 60 Jahren musste Ferdinand Lingscheid (84) schweren Herzens dem Kallmuther St.-Georgsritt als Reiter altersbedingt „Adieu“ sagen. Er ist glücklich, dass seine Enkelin Vera Ahlbach (h.l.) die Pferdeprozession so liebt wie er und die Familientradition fortsetzt. Ehefrau Agnes Lingscheid (v.r.) ist treue Zuschauerin, Tochter Irmgard ist früher öfters mitgeritten. Foto: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Den Großvater, später auch die bisher nachfolgenden Generationen der Familie, hat die Faszination der Pferdeprozession kräftig gepackt. 60 Mal hat Ferdinand Lingscheid, der als Landwirt tätig war, insgesamt an diesem besonderen Event der Region teilgenommen.

Fotos wohlgehütet in Kartons

An einem Ritual am Maifeiertag wird bis heute von den Lingscheids treu festgehalten: Vor Abritt wird ein Foto des Reitertrupps vor dem Tor des schnuckeligen Fachwerkhauses der Lingscheids in Gilsdorf aufgenommen. „Bevor es losgeht ist das ein Muss“, so die Enkelin.

Wie zum Beweis zieht Großmutter Agnes Lingscheid unzählige Fotos hervor, aus den wohlgehüteten Kistchen, die die Aufnahmen der vergangenen Jahrzehnte beherbergen und die Erinnerungsstücke vor dem Vergilben schützen. Sie lassen in Erinnerungen schwelgen und die Jahre fast wie eine Familienchronik Revue passieren.   

Auf den Bildern bekommt der Großvater mit den Jahren mehr Falten, die Enkelin wächst und gedeiht. Stets ist Ferdinand Lingscheid adrett gekleidet: Mit frisch gewienerten Stiefeln und einem guten Norweger-Pulli, die er so liebte. Den allerschicksten wählte er stets für den großen Tag.

Vera Ahlbach konnte kaum laufen und saß schon zum Kallmuther St.-Georgsritt mit dem Großvater, Ferdinand Lingscheid, auf dem Pferd. Sie möchte die Veranstaltung nicht missen. Auch am 1. Mai 2019 wird sie auf ihrer Norwegerstute Aylin mitreiten. Repro: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Der Pferdevirus wurde weitervererbt. Sohn Hans Georg wie Enkelin Paula ritten immer gerne mit und besuchen noch jedes Jahr den Mairitt. Tochter Irmgard ritt mit 14 das erste Mal mit. Sogar deren Mann, der mit Pferden nicht groß was am Hut hatte, ließ sich anstecken und nicht abhalten, Teilnehmer des Georgsritts zur werden. Enkelin Vera ist lange schon ein alter Hase in Sachen Kallmuther Pferdeprozession.

Als sie gerade laufen konnte, setzte der Großvater sie das erste Mal hoch oben aufs Ross. 1991 wurde sie geboren. Mit elf Jahren bekam sie ihren ersten Norweger geschenkt.

Aylin, so heißt die zwanzigjährige Stute, wurde zum treuen Begleiter und wird auch diesmal wieder gesattelt. Sogar als ihre Reiterin als offizieller Standartenträger der Prozession ausgewählt wurde, trug sie sie sicher.

Reiter und Pferde sind „gut drauf“

Der Weg nach Kallmuth sei allein schon die Reise wert, schwärmt die Enkelin. „Das ist morgens auf dem Hinweg so schön, wenn die Maibäume flattern in den Dörfern, durch die man reitet. Alle Pferde sind dann gut drauf und haben auch Spaß.“ Die Vorfreude auf die Messe wächst. Schon jetzt fange man an zu trainieren, damit die Pferde dann auch fit sind für den großen Ausflug, so die Enkelin.

Im Kallmuth trifft man auf einen großen Pulk von Pferdefreunden und saugt die Atmosphäre ein. Die Strecke durch das Tal zur Wiese auf dem Georgspütz, wo die Messe zelebriert wird, bietet eine malerische Kulisse. Hufgeklapper erfüllt die Luft. Besucher erfreuen sich an dem hübschen Bild, das sich ihnen bietet. Das Dorf ist geschmückt.

Jedes Jahr wird das obligatorische Foto der Reiter vor dem Haus von Ferdinand und Agnes Lingscheid in Gilsdorf aufgenommen. Die Erinnerungsstücke der vergangenen Jahrzehnte sind Schmuckstücke der Familienchronik. Repro: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Großmutter Agnes Lingscheid geht als Besucherin hin. Für sie gebe es kein Halten mehr, wenn die ersten Rösser und Reiter aus der Region nach Kallmuth strömen: „Das fasziniert mich immer. Die Pferde werden ja auch gesegnet – das ist ein ganz besonderer Moment. Wenn das Wetter gut mitmacht, ist es besonders schön.“ Ehrlich gesagt, habe sie kaum einen Ritt erlebt, wo das Wetter nicht mitspielte. Sie berichtet eher von „ersten Sonnenbränden“ des Jahres.

 Hübsch herausgeputzt

Das Teilnehmerfeld beim Georgsritt ist bunt – vom Shetty bis zum Shire-Horse sind alle Farben, Rassen und Größen willkommen. Der Großvater hat irgendwann vom Kaltblut auf Norweger umgesattelt. „Einmal Norweger, immer Norweger“, schwört er auf die Rasse.

Schick gemacht und hübsch herausgeputzt werden sie alle für den besonderen Tag. Die Stehmähnen der Norweger könne man allerdings nicht flechten, dafür werden die Haare mit der Nagelschere getrimmt, berichtet die Enkelin.

Ross und Reiter sind hübsch anzusehen bei der Pferdeprozession, die alljährlich am 1. Mai in Kallmuth stattfindet. Ferdinand Lingscheids liebstes Kleidungsstück war ein Norweger-Pulli, mit der er von weitem schon zu erkennen war. Repro: Kirsten Röder/pp/Agentur ProfiPress

Der Ritt zu Ehren des Heiligen Georg zieht Reiter und Zuschauer von nah und fern. Meist bekommen die Lingscheids auch Besuch, wie die Bitburger Reiter, die an einigen solcher Prozessionen im Jahr teilnehmen. Sie bescheinigten der Enkelin, dass „unsere die schönste ist“.

Der krönende Abschluss sei das traditionelle Erbsensuppen-Essen nach dem Ritt, bei dem man gerne verweile. Sie gibt zum Besten: „Opas Regel Nummer eins lautet: Die Erbsensuppe nicht in der gleichen Hand halten, wie die Zügel vom Pferd. Denn wenn es dann zieht, könnte das schiefgehen.“ Dann ist man seine Suppe los.

Unverrückbar

2014 hat sich der Großvater als Reiter vom St. Georgsritt verabschiedet, schweren Herzens, nach 60 Jahren. „Es ging leider nicht mehr“, bedauert er.

Ferdinand Lingscheid ist glücklich und froh, dass die liebgewonnene St.-Georgs-Tradition rund um Segen für Reiter und Pferd von seiner Enkelin weitergetragen wird. Der Tag bleibt im Terminkalender eingeplant und der Familie hoch und heilig. Unverrückbar – wie Geburtstag, Ostern und Weihnachten.

Der St. Georgsritt 2019 startet am Mittwoch, 1. Mai, 11.15 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Gegen 12 Uhr findet dort der feierliche Gottesdienst unter freiem Himmel mit Eucharistiefeier und Segnung von Reiter sowie Pferd statt. Festredner ist Diakon Willibert Pauels. Zurück in Kallmuth (gegen 13.30 Uhr) findet die Prozession auf der Wiese am Schevener Weg bei Musik des Musikvereins Kallmuth, warmen Imbiss oder Kaffee und Kuchen ihren geselligen Ausklang.

Spendenaufruf:

Die Altarinsel für die Messe auf der Wiese am Georgspütz soll überdacht werden, um sie vor Witterungseinflüssen zu schützen. Die Überdachung soll als Holzkonstruktion aufgebaut werden und die Altarinsel überspannen.

Der Arbeitskreis St. Georgsritt der Kirchengemeinde Kallmuth habe einen schönen Entwurf zur Gestaltung gefunden. Die Genehmigung durch den Kreis liege vor. Jetzt fehle nur noch die Finanzierung, so Erik Pühringer.

Der GdG-Leiter St. Barbara Mechernich ruft daher zu Spenden auf: „Wir suchen Spender, die uns helfen, die Baukosten zu finanzieren.“ Ab der Höhe von 50 Euro werde eine Spendenquittung ausgestellt.

Spenden bitte an Kirchengemeinde Kallmuth, DE73 3825 0110 0003 3031 04, mit dem Zusatz „Georgsritt“. Alternativ können diese auch in einem der Mechernicher Pfarrbüros abgeben und die Spendenquittung direkt entgegengenommen werden.

pp/Agentur ProfiPress