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„Anständig durchs Leben gehen“

Großartiger Literatur- und Gesprächsabend mit Alois Sommer, Manfred Lang und den Werken Werner Bergengruens im Rheinischen Industriemuseum in Kuchenheim

Euskirchen-Kuchenheim – Nach über 25 Jahren „Literatur im Museum“ noch etwas nie Dagewesenes zu präsentieren, ist dem von Heinz-Otto Koch geführten Förderverein des Rheinischen Industriemuseums, Tuchfabrik Müller, in Kuchenheim am Donnerstagabend gelungen.

Mit ihrem „Sommerabend“ brachten die Organisatoren drei Akteure zusammen und eine Kernaussage auf den Punkt: Es gibt Schatten und Licht, aber unter dem Strich auch Grund zum Optimismus, also fürchtet Euch nicht! Sinngemäß und in heutige Sprache übertragen sei das die „Quintessenz“ der Dichtung Werner Bergengruens, sagte Alois Sommer (90), der Rezitator und Gast des Literaturabends.

Die bis heute andauernde Reihe war Anfang der 90er-Jahre vom damaligen Fördervereinsvorsitzenden Hans Bösch mit den Autoren Jochen Arlt (Achim von Langwege) und Manfred Lang aus der Taufe gehobenen worden. So unterschiedliche Autoren wie Karl Otto Conrady, Ludwig Verbeek, Hildegard Moos-Heinrichs, Jason Dark, Heinz Küpper, Jacques Berndorf und Norbert Scheuer waren schon zu Gast.

Es beschäftigten sich aber schon lebende Akteure mit dem dichterischen Nachlass verstorbener Autoren – erst im vergangenen Jahr war Clara Viebig Gegenstand einer szenischen Lesung im Museum. Auch der „Club der toten Eifeldichter“, u.a. mit der WDR-Moderatorin Katia Franke und dem Schriftsteller Ralf Kramp, gastierte bereits innerhalb der renommierten „Lit.Eifel“ in der Shedhalle des Rheinischen Industriemuseums Kuchenheim.

Das Schleidener Polit-Urgestein und früherer Realschuldirektor Alois Sommer (l.) und Moderator Manfred Lang klammerten im Gespräch auch die ernsten Dinge des Lebens nicht aus, ließen aber auch Raum für Heiterkeit. Foto: Detlef Stender/pp/Agentur ProfiPress

Obwohl Alois Sommer im ersten Teil des aktuellen Leseabends Texte aus eigener Feder las, so ging es doch die ganze Zeit um den 1964 verstorbenen christlich-humanistischen Roman- und Lyrikverfasser Werner Bergengruen. „Sommer las Sommer“, und zwar aus seiner damaligen Seminararbeit 1952, mit der er ein Dokument der Zeitgeschichte hinterließ, aus dem das ganze Elend der Zeit hervorgeht.

Einerseits die in Schutt und Asche gegangenen Ideale einer sich selbst als gnadenlose Tyrannei entlarvten Nazidiktatur. Zum anderen die Folgen eines totalen und total verlorenen Krieges, der die Menschen in Not und Elend stürzte.

Bergengruens Werke machten Mut

Vor dieser wenig erbaulichen Kulisse erwuchs zu der Zeit die dräuende Vision eines völkerverschlingenden Atomkrieges, als der junge Pädagogikstudent und spätere Mathematiklehrer und Realschuldirektor Alois Sommer seine Arbeit über Bergengruen verfasste: „In dieser Zeit gaben Bergengruens Werke meiner Generation neuen Mut und neue Hoffnung.“ In seinen Büchern fand der junge Sommer das christlich-katholische Milieu wieder, in dem er in Geilenkirchen aufgewachsen war.

„Wir fühlten uns bestärkt und bestätigt, dass es sich lohnt, als anständiger Mensch nach christlichen Vorstellungen durchs Leben zu gehen und auf die Gnade eines willkürlosen Gottes zu vertrauen“, so Alois Sommer.

Die Literatur Bergengruens habe in der Nachkriegszeit dazu beigetragen, dass man sich orientieren und neue glaubhaftere Ideale annehmen konnte, als die der „Tausend Jahre“, die sich als bodenlose Lügen entpuppt hatten.

Der dritte Akteur des Abends, Manfred Lang, brachte Alois Sommer und Werner Bergengruens dichterisches und humanistisches Anliegen mit sich, aber auch mit dem Auditorium ins Gespräch. Es wurde ein nachdenklich, mitunter heiterer, aber unter dem Strich großartiger Literatur- und Gesprächsabend daraus, in dem weder Perspektivverlust noch Angst und Tod ausgeklammert blieben.

Wobei Alois Sommer, der neunzigjährig gerade im Begriff steht, mit Rosa Claßen die Ehe einzugehen, das Kunststück fertigbrachte, den Grundoptimismus alles Christlichen in Erinnerung zu rufen, der vielen Protestanten und Katholiken abhandengekommen zu sein scheint: „Das Christliche ist immer auf das Bessere und immer auf die Zukunft ausgerichtet.“

Ein kostbares Juwel zum Lehen

Es gehe nicht um die Quantität, sondern um die Qualität einer aus Gottvertrauen gestärkten Zweierbeziehung, in der der eine Partner den anderen so behandelt wie ein kostbares Juwel, das man nicht besitzt, sondern nur zum Lehen bekommen hat. So wie die Menschheit auch die Erde nicht übereignet, sondern nur als Lehen erhalten habe.

Heinz-Otto Koch, Vorsitzender des Fördervereins des Rheinischen Industriemuseums, begrüßte die Gäste in der Shedhalle der einstigen Tuchfabrik Müller zu „Literatur im Museum“. Foto: Detlef Stender/pp/Agentur ProfiPress

Alois Sommer rezitierte Werner Bergengruens Gedicht „Zu Lehen“ und versicherte, dass er mit seiner ersten Frau Ellen 61 Ehejahre so zu leben gewusst habe. Nun werde er auch seine neue Verheiratung mit Rosa Claßen voller Optimismus mit dem zärtlichen und zuvorkommenden Bild eingehen, etwas Kostbares zum Lehen zu erhalten.

Sommer hat zum Literaturabend in Kuchenheim eine gerahmte Kaligraphie von Bergengruens Gedicht „Zu Lehen“ mitgebracht, die ihm der berühmte Autor am 4. November 1954 anlässlich einer Lesung in der Stadt Schleiden selbst signiert hatte. Bergengruen schrieb: „Für die Richtigkeit, Werner Bergengruen.“

Das meine er in dreifacher Hinsicht, hatte Bergengruen Sommer verraten: „Verbaliter“, also dem Wortlaut nach, „moraliter“, also in seiner sittlich-moralischen Aussage und „mystice“, also auch auf der noch höheren Ebene des religiös Geheimnisvollen.

pp/Agentur ProfiPress