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„Eifeler Abend“ der anderen Art

Lit.Eifel gastierte im Eifelkloster Steinfeld: Norbert Scheuer und Manfred Lang lasen eigene Texte und diskutierten mit dem Moderator Christoph Heup über „Das Eifeldorf in der Literatur“, Sylvia Nels sang Mundartlieder dazu

Nichts was lebt, ist bedeutungslos“, sagte Lang (r.) dem Moderator Christoph Heup. Er möchte eine neue Art Eifeler „Heimatliteratur“ transportieren, in der komplikationslos auch von mörderischen Arbeitsbedingungen am Mechernicher Bleiberg, den ermordeten Eifeler Juden oder von den über 450 erwachsenen Psychiatriepatienten aus den Kreisen Schleiden, Euskirchen und Monschau die Rede sein kann, die im Kloster Hoven bei Zülpich kaserniert wurden, um sie von dort in die Tötungsanstalt Hadamar zu bringen und zu vergasen . . . Foto: Claudia Hoffmann/pp/Agentur ProfiPress

Kall-Steinfeld – So unterschiedlich, wie sie angekündigt waren, seien sie gar nicht, fanden die Autoren Norbert Scheuer und Manfred Lang am Ende selbst. Doch diese Veranstaltung des neuen Eifeler Lesefestivals „Lit.Eifel“ war darauf angelegt, die unterschiedlichen Ein- und Ansichten der beiden Schriftsteller und ihre verschiedenen Herangehensweisen an das Thema Eifeldorf in der Literatur zu beleuchten.

Das zu tun, hatten die Festivalmacher den Journalisten Christoph Heup, seines Zeichens Redaktionsleiter beim Lit.Eifel-Medienpartner „Kölnische Rundschau“, als Moderator und Gesprächspartner Scheuers und Langs gewinnen können. Schauplatz eines großen und zum Teil auch bewegenden literarischen Abends mit zwei völlig verschiedenen Textmachern war die Schülerkapelle des Salvatorianerklosters Steinfeld.

Die Lit.Eifel-Veranstaltung war mit „Das Eifeldorf als literarischer Ort“ betitelt worden. Mit Norbert Scheuer aus Keldenich stand ein ebenso hochgelobter wie hochdekorierter und bundesweit bekannter Lyriker und Romancier zur Verfügung. Manfred Lang aus dem wenige Kilometer von Keldenich entfernten Lückerath, so sagt er über sich selbst, ist „Regionalautor“: „Mich kennt nördlich von Brühl und südlich von Bitburg kein Mensch.“ Aber dazwischen fast alle . . . Lang ist ein facettenreicher Chronist und, er kann und will es nicht leugnen, journalistischer Handwerker durch und durch.

Musikalisch umrahmt und ein wenig dominiert wurde der Abend von der hervorragend aufgelegten Bitburger Liedermacherin Sylvia Nels, die das knapp 70köpfige Publikum zur Gitarre und in blütenreinem Moselfränkisch vor eine mundartlich-sprachliche Herausforderung stellte. Die Lieder waren deftig-bodenständig, ihre Wurzeln im Karneval kaum zu verbergen. Aber irgendwie passte das ganz gut – und machte die Debatte ums „Eifeldorf in der Literatur“ im Endergebnis sogar zum gehobenen „Eifeler Abend“.

Dagegen ist in seinen Werken und war in Scheuers Steinfelder Lesungen das ganze Universum in Kall zu Gast, wie in einer Pfütze, in der der Autor sich Lichtjahre voneinander entfernte Sterne spiegeln lässt. Mit diesem und anderen poetisch absolut präzisen Sprachbildern und Vorstellungsmustern führte der preisgekrönte Keldenicher vor, was Literatur von Rang ist und auch, wie sie entsteht: In der Phantasie, sie ist eine Kunstwelt, in der Menschen und Situationen zu erschaffen, nicht nur das Vorrecht, sondern die Aufgabe des Schriftstellers ist. Und doch spiegelt Literatur auf ihre Weise die Wirklichkeit und das Leben.

Dem Moderator Christoph Heup gegenüber räumte Norbert Scheuer freimütig ein, dass die Figuren, die seine Romane und Erzählungen bevölkern, allerdings auch keine reinen Ausgeburten der Phantasie sind, sondern durchaus in Facetten ihrer Ichs über Paten und Patinnen im „richtigen Leben“ verfügen.

Manfred Lang, der nach eigenen Angaben das fiktive Schreiben hauptsächlich bei dem verstorbenen Bad Münstereifeler Autor Heinz Küpper und bei dessen Mentor Heinrich Böll abgeguckt hat, setzt hingegen „angemessene literarische Denkmäler“ und zwar den vorgeblich „einfachen Menschen“, solchen, denen die öffentliche Meinung kein Podium bietet, sie für „unbedeutend“ hält, obwohl sie bedeutend sind.

„Nichts was lebt, ist bedeutungslos“, sagte Lang dem Moderator Christoph Heup. Er möchte eine neue Art Eifeler „Heimatliteratur“ transportieren, in der komplikationslos auch von mörderischen  Arbeitsbedingungen am Mechernicher Bleiberg, den ermordeten Eifeler Juden oder von den über 450 erwachsenen Psychiatriepatienten aus den Kreisen Schleiden, Euskirchen und Monschau die Rede sein kann, die im Kloster Hoven bei Zülpich kaserniert wurden, um sie von dort in die Tötungsanstalt Hadamar zu bringen und zu vergasen . . .

Lang las folgerichtig aus seinem 363 Seiten umfassenden Buch „Träumeland ist abgebrannt“, Untertitel „Neue Eifel an alter Stelle“. „Ein Bauchladen, wie die Eifel selbst“, so der Autor zu Christoph Heup auf die Frage, wie die 67 im Buch versammelten tot-traurigen bis zum Brüllen komischen Geschichten zusammen passen. „C‘est la vie“, sagte Lang, „so bunt und verschieden ist das Leben, so widersprüchlich ist auch meine Eifel.“‘

Norbert Scheuer, dessen neues Buch „Von hier aus“ druckfrisch auf dem Steinfelder Büchertisch lag, will kein konkretes Eifelbild vermitteln, auch wenn der Moderator wiederholt nachhakte. Auch in seinem neuen Werk ist Kall der Ausgangspunkt für seine Texte, der Boden, auf dem sie sich mit Hilfe des Autors mehr oder weniger frei entfalten dürfen. Norbert Scheuer: „Ein Roman muss abstrakt und gleichzeitig konkret sein. Jeder Leser füllt das, was ich beschreibe, also den literarischen Ort Kall, jeweils mit seinen eigenen Erfahrungen und fügt seinen eigenen Horizont hinzu.“

Begleitet von den facettenreichen und zu kunstvollen Collagen zusammengefügten Fotografien aus aller Welt von Andreas Erb, sei „Von hier aus“ ein textlicher und bildlicher Dialog über das, was Heimat ist, so der Keldenicher.

Für die rund 70 Lit.Eifel-Besucher in Steinfeld gab es am Ende dann noch etwas ganz Besonderes. Die ersten Exemplare des neuen Buches „Von hier aus“ wurden verkauft, aber sie erwiesen sich beim Auspacken als fehlerhaft, und damit, was durchaus sein könnte, als besonders wertvoll. Denn ihnen fehlte ausgerechnet der Titelaufdruck „Von hier aus“, den Norbert Scheuer jedem einzelnen Buchexemplar handschriftlich verpasste.

„Der Verlag schickt Ihnen in zehn Tagen zusätzlich ein fehlerloses Exemplar zu,“ versprach Norbert Scheuer. Seine Ehefrau Elvira scherzte hingegen: „Vielleicht sind die Exemplare »mit ohne Überschrift« und handsigniert ja irgendwann sowas wie die »Blaue Mauritius«“.

Fazit: Das war „»der« Eifeler Abend“ bei der Premiere des neuen Eifeler Literaturfestivals „Lit.Eifel“. Die Autoren stritten und fetzten sich nicht über ihre unterschiedlichen Sichten, die so unterschiedlich gar nicht waren, wie man angenommen hatte. Und dank der Vor- und Nebenbildung der Literaten kamen auch philosophische (Scheuer) und theologische Gesichtspunkte (Lang) nicht zu kurz. Prädikat: Wertvoll! Und: Unbedingt wiederholenswert . . .

pp/Agentur ProfiPress